Dienstag, 23. Februar 2010

Filmabriss erst wieder am 3.März

Elmar ist im Berlinale-Koma. Nach 10 Tagen Filme gucken starrt er auf seine Badezimmerwand und glaubt dort Filme zu sehen. Das kriege ich wieder hin, aber es dauert! Von daher müssen wir den nächsten Filmabriss (die einzige Kinosendung der Welt) um eine Woche verschieben, und zwar auf Mittwoch, den 3.März - 20 - 22 Uhr

Montag, 22. Februar 2010

Wortkarg in den Frühling - der letzte Tag der 60. Internationalen Filmfestspiele Berlin

Nun sind auch die 60. Internationalen Filmfestspiele Berlin wieder Geschichte...
...und auch ich bin wieder daheim in der Aachener Provinz.
Nicht aber ohne bleibende Eindrücke mitgenommen zu haben und das Versprechen, im nächsten Jahr mit Akkreditierung anzureisen. So werde ich dann vielleicht nicht nur im Schatten einer Lichtgestalt der diesjährigen Berlinale stehen (doch, Ben, du bist einer meiner Helden, du Stehaufmännchen in der Fiktion!), sondern einem Schauspieler aus Fleisch und Blut meine Schweiß-getränkte Patschehand entgegenhalten, zur Begrüßung oder zum Interview.

Me-and-Ben
Ganz unbescheiden: Elman Smithee mit Markenzeichen Schwedenschal seitlich unter Ben Stiller

Das Foto stammt aus einer Sammlung von Portraits aller (ich habe es nicht überprüft, noch überprüfen lassen) Starrs (nicht jeder, der irgendwo unter starring steht, ist gleich auch ein Star), der auf der Berlinale zugegen war, um sich ablichten zu lassen. Zu finden die Sammlung im Berlinale-Palast, wo ich den letzten Film sehen durfte: En ganske snill mann von Hans Petter Moland, ein norwegischer Beitrag mit Stellan Skarsgårdin der Hauptrolle. Der Film, ein doppelter Gewinn: Nicht nur versöhnte er mich mit meinen Freunden, die ich tags zuvor schon in The Killer Inside Me mitgeschleppt hatte, was nicht unbedingt positiv von ihnen aufgenommen war. Zum Anderen war es einfach ein weiterer toller Beitrag - natürlich aus einem skandinavischen Land. Interessant waren indes die Parallelen zum Film von Michael Winterbottom. In beiden Filmen gibt es Gewalt und Sex. Wobei diese beiden Komponenten in unterschiedlichem Maße vertreten sind. In En ganske snill mann bleibt die Gewalt weitestgehend implizit und verfolgt noch einer nachvollziehbaren Motivik (Eifersucht, Schutz schwacher Frauen vor ihren gewalttätigen Ehefrauen, Erlösung eines armseligen Lebens). Was den Sex angeht, sind beide Filme ernsthafte Konkurrenten, nicht aber in der Inszenierung. In der norwegischen Version entbehrt Sex jedweder Ästhetisierung, ist pragmatisch abgewischt an der Unterhose, die auf dem Tablett mit dem leeren Geschirr landet, und Ausdruck des Dankes für eine gute Mahlzeit.

Sex als Geste des Erbarmens

Ulrik (Schwedens langjähriger Luxus-Exportartikel schauspielerischer Art mit unmöglicher Frisur: Stellan Skarsgård) tut sein Bestes, um der feine Kerl zu sein, den der Titel (in Übersetzung) suggeriert: 12 Jahre, nachdem er wegen Mordes eingesessen hatte, versucht er sein Leben wieder in den Griff zu kriegen (nicht nur wegen der Frisur drängt sich ein Vergleich zu Kevin Spaceys Rolle auf, wenngleich ein hinkender). Doch er soll Rache nehmen an dem, der ihn damals in den Knast gebracht hat; so will es sein Gangster-Bösschen aus alten Tagen. Auf seinem Weg ins neue Leben schliddert Ulrik von einem Malheur ins nächste, wobei er immer wieder seinem Mann stehen muss (dafür wird aber auch lecker gekocht und lernt man die Heiligen in ihrer Anpreisung neu kennen).
Eine Komödie wie eine Nussknacker-Suite auf Bossa-Nova: Rührend und beschwingt. Aber mehr beschwingt.

Show must go on

Und wenn die Berlinale auch zu Ende gegangen sein mag - ein Hoffnungsschimmer bleibt:

P2210163
Die einen gehen zwar, doch die nächsten Zuschauer stehen schon wieder Schlange: Für die 61. Internationalen Filmfestspiele 2011. Der Rote Teppich steht bereit, wieder glamourös beschritten zu werden.

Sonntag, 21. Februar 2010

Mein vierter Tag auf der Berlinale - Tag 11

Und der Gewinner des Goldenen Bären geht nach: Schweden

Nun , nicht ganz, aber kurz davor. Der schwedische Regisseur Ruben Östlund war demnach nur der Preisträger für den besten Kurzfilm, was mich als Schwedenfan natürlich immens freut. Aber was heißt hier nur? Ist ein Kurzfilm nicht auch ein Film, der sich von einem Langfilm lediglich durch die Vorsilbe unterscheidet? Eine rhetorische Frage, gewiss. Denn diese vereinfachende Unterscheidung würde keinem der beiden Medien gerecht werden. Kurz- wie Langfilm stellen für mich zwei Parallel-Universen dar, die durch ein paar Wurmlöcher miteinander verbunden, ansonsten aber separat zu verstehen sind. Das literarische Äquivalent Kurz- vs. (Lang-)Geschichte gilt entsprechend. Aber für eine weiterführende Differenzierung reicht dieser Blog nicht aus und ich verweise daher auf einschlägige Literatur. Nur soviel: Ebenso wie Kurzgeschichten können Kurzfilme auch eine unvergleichliche Sogwirkung erzeugen, wenn sie gut gemacht sind und funktionieren. Ich persönlich favourisiere allerdings den Langfilm, da er sich mehr Zeit zur Figurenzeichnung nehmen kann und die Story somit im besten Falle mit mehr Tiefe versorgt.

Natürlich habe ich auch wieder einen visuellen Eindruck mitgebracht.

Schlange-stehen-um-ins-Licht-zu-gehen-
Symbolisch: Manchmal muss man auch Schlange stehen, um ins Licht gehen zu können.

Die Filmvorführerin bat darum, dass man sie bitte nicht noch einmal überrennen möge. Das wiederum warf die Cartoon-Maschine in meinem Kopfkino an.
Mehr Infos zu den übrigen Preisträgern der Berlinale Shorts finden sich hier:

Das Talent in jedem von uns

Und nun zum Langfilm, den ich am Tag 11 sehen durfte. Er stammt vom englischen Regisseur Michael Winterbottom und hat eine grundsätzlich positive Message: Jeder hat ein Talent in sich schlummern, das er nur allzu gerne hervorkehren möge. Dass dieses Talent zum Guten wie zum Bösen geraten sein kann, steht allerdings nur im Nebensatz. The Killer Inside Me lässt erahnen, über welches Talent Lou Ford (heiser-diabolisch gespielt von Casey Affleck) verfügt. Der Film, im Ansatz als Noir-Thriller angelegt, ist definitiv nichts für zarte Gemüter (tatsächlich sind die ersten ZuschauerInnen nach der ersten Gewaltszene aus dem Kino rausgegangen). Andererseits zieht einen (unter anderem mich) die Dreistigkeit, mit der Winterbottom das Böse im Film wie auch im Anti-Helden inszeniert, in seinen Bann.
Die Story ist dabei schnell erzählt: Junger Hilfssheriff soll Prostituierte (hübsch auch in brünetter Version: Jessica Alba) aus der Sauberstadt vertreiben, verfällt ihren Reizen, plant mit ihr, einen reichen Naivling auszunehmen, überlegt es sich anders, mordet, kommt immer wieder damit durch bis mehr und mehr Leute Verdacht schöpfen; noch mehr Morde geschehen, dramatisches Finale, Ausblende in ein schön klassisch geschwungenes "The End".
Der Plot hält sich mit allen (aber nicht vielen) Nebensträngen für ausgebufft, doch überzeugt nicht ganz (oder ist das nur Strategie auf der konzeptionellen Meta-Ebene?). Auch die Genese vom netten Hilfssheriff zum irren Psychopathen lässt sich nicht wirklich nachvollziehen: Es wird dem Zuschauer sehr schnell klar, dass Lou Ford kein Mr. Nice-Guy ist. Warum aber merken das die Leute in seiner unmittelbaren Umgebung nicht, wie konnte er sie alle nur so lange täuschen? Warum stehen all die Frauen, mit denen er "sexual intercourse" hat, auf Schmerzen?
Also nicht das Was? der Inszenierung ist von Interesse, sondern das Wie?. Sind wir hier Zeuge einer Ästhetizierung (des Hässlichen) der Gewalt oder einer Bagatellisierung derselbigen? Sollen wir mehr Mitleid mit den Opfern oder mehr mit dem Täter haben, der den Killer vielleicht doch nicht schon immer in sich trug, sondern implementiert bekommen hat, wie es Backflashs suggerieren? Nature vs. Nurture?
Es bleiben Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Und es bleiben Bilder, die den Film noch länger nachwirken lassen. Ein Qualitätshinweis?

Freitag, 19. Februar 2010

Mein dritter Tag bei der Berlinale aka Tag 10

Nach zwei für meine Landei-Verhältnisse recht aufregenden Tagen (wenn ich bei "Crank" den Part von Chev Chelios (Jason Statham) gespielt hätte, wären die Produktionskosten aufgrund meiner recht niedrigen Adrenalin-Schwellenwerte sicherlich beträchtlich geringer ausgefallen), dachte ich, dass der Tag ruhiger verlaufen würde: Ein Film ("Father of Invention") - und das war's. Aber es kommt eben häufiger anders, als man zuvor erwartet hat.
So durfte ich feststellen, dass ich mich nicht zum Stalker eigne, geschweige denn zum Paparazzo. Hier der Beweis:

Dave-Thomson-von-der-Seite

Wie man sieht, sieht man nicht viel. Wäre ich direkt, hätte ich ihn angesprochen und um ein Bild gebeten: Dave Thomson, seines Zeichens angesehener Filmkritiker (falls es so etwas überhaupt gibt), den ich mir mittwochs angesehen hatte. Direkt bin ich nur Frauen gegenüber, und das endet zumeister (= häufiger als zumeist) mit einem Korb. Ich folgte ihm aber trotzdem, so nah aufschließend, dass ich ihn an bei der Überquerung der Leipziger Str. fast vor ein heranbrausendes Fahrzeug stieß (ok, hier liegt Übertreibung an der Hand - habe wohl zu viele Filme gesehen in letzter Zeit). Zielstrebig steuerte er auf das Ritz Carlton zu, ich riss mich also zusammen und zu folgendem Dialog hin:
Ich (mit stotternder Stimme): Hello, you must be Mr. Thompson.
Er (souverän): Yes...?
Ich (weiterhin unsicher): I've seen you at the panel on wednesday, and I just wanna say, um, that I really appraciated, um, appreciated your statements on critics.
Er (flattered): Well, thank you, my dear (ok, Letzteres ist Produkt meiner Phantasie, so stelle ich mir Engländer eben vor: Immer höflich).
Ich (gedacht): I wanna become a critic myself, what do you think: Do I have the guts for it?
Ich (gesagt): Is it difficult to tell, if you gets asked by people right after the show, what your opinion is of that and that movie? For me, I am not.
Er (nachsichtig): Yes, you learn it by the time, to have it ready quite soon. (und er wischt sich verstohlen eine Träne weg - bin ich es, der ihn rührt, mit meiner Naivität? ist er es, der ihn rührt? oder ist es der Wind, der ihn rührt? Ich werde es nicht erfahren, denn ich bin am Ende mit all meinen ach so tiefschürfenden Fragen und er zieht von dannen stracks ins Ritz Carlton. Ich bleibe noch etwas unschlüssig stehen und dackel dann heim - nicht ganz ohne Stolz, dass ich meinen Schatten übersprungen habe, wenngleich nicht mit großem Effekt. Aber das brauche ich wie oben erwähnt nicht wegen meiner Anfälligkeit für Adrenalin.)

Artist comes from Art

Gemäß diesem Motto und aufgrund des Mangels offensichtlicher Filmkünstler begebe ich mich gerne in den faszinierenden Raum der Subkultur, den man nicht zufällig häufig auf Klos findet. Ein Beispiel gefällig?

Banksy-light

Un der Film?

Da war ja auch noch ein Film...
Richtig: "Father of Invention" von Trent Cooper. Wie der Filmvorführer/Manager/Whatever verlauten läßt, ist Trent Cooper mittlerweile schon wider heimgeflogen, aber seine Präsenz liegt immer noch im Raum (was erzähle ich da für einen Mumpitz?). Zum Film:
Im Prinzip jeder Film folgt in seinem Erzählen dem Paradigma aristotelischer Dramentheorie, dass ein Held oder König (besser ist der hochgestellte König) dazu bestimmt ist, tief zu stürzen. Dies macht das wahre Drama aus, das will der Zuschauer sehen. Und Robert Axle (dankbar gespielt von Kevin Spacey) ist das Paradebeispiel von einem König; er ist DER Verkäufer von selbst fabrizierten Gerätschaften. Er erfindet nichts Neues, er fabriziert, d. h. verbindet zwei schon bestehende Prinzipien zu einem neuen: Er ist ein Fabricator. Und wie gesagt der Beste mit einem Imperium unter sich. 10 Jahre später ist von diesem Imperium nichts als Trümmer übrig: Er wird gerade aus der Haft entlassen, nachdem eine seiner Fabrikationen unzählige seiner Kunden an den Händen verstümmelt hat. Diese Artefakte seines grandiosen Scheiterns verfolgen ihn nun bei seinem Bestreben, wieder Fuß zu fassen. Er ist überzeugt: Nur eine gute Idee, und er ist rehabilitiert. Vor allem bei seiner Familie, die er über die Arbeit damals verloren hatte. Vor dem Nichts stehend bittet er um Unterschlupf bei seiner Tochter. Diese verhält sich verständlicherweise (und das Skript verlangt von seinem Helden gesetzmäßig nunmal das Überwinden möglichst vieler, möglichst hoher Widerstände) abweisend, nimmt ihn schließlich, aber nicht endlich mit dem Hinweis auf ein Ultimatum, innerhalb von 30 Tagen einen Job zu finden, auf. Doch die Idee bleibt weiter aus und Robert stiftet im Bemühen, Gutes zu tun, weiteres Unheil (na, klingt das nicht nach einem klaren Fall tragischer Ironie?).
Die Rolle des Robert Axle ist Kevin Spacey auf den zugegebenermaßen dicker gewordenen Leib geschneidert und es ist ein Vergnügen, ihn als ständiges Stehaufmännchen zu beobachten. Begleitet wird er unter anderem dabei von Virgina Madsens gräßlichen Gesangskünsten sowie Heather Graham, die als Kampflesbe doch nur um die richtige Form ihrer Brüste bemüht ist (ich weiß, eine Reduzierung meinerseits, doch ich mag sie).
Meiner Natur treu bleibend habe ich nach dem Film keinen nach seiner Meinung gefragt und als Ansatz-Stalker nur belauscht.
Meine Meinung vorab: Ein Film, der Spaß macht, mit einem Helden in seinem Scheitern, der noch mehr Spaß macht. Die gehörte Meinung: "So schön seicht." Was für eine Fallhöhe!

Donnerstag, 18. Februar 2010

Mein zweiter Tag bei der Berlinale - wir schreiben den 18. Februar 2010

Für Berlinale-Kenner heißt dies natürlich: Tag 9.
An diesem Tag konnte ich mal wieder mein Unvermögen unter Beweis stellen, vernünftige Interviews zu führen bzw. Stellungnahmen zum Film einzuholen. Andererseits: Es ist zum Teil auch erklärbar. Es soll nämlich auch Leute geben, die einen Film erst einmal für sich verarbeiten müssen, bevor sie ein Urteil abgeben können. Ich gehöre zu dieser Kategorie Menschen. Und ich gehe noch einen Schritt weiter: Auch wenn ich gerne ins Kino gehe, ist das Sehen eines Filmes für mich ein intimes Ereignis, nicht nur, weil ich ungern anderen und fremden meine Tränen offenbare.

Doch nun genug der Seelenschau, kommen wir zu großem Kino

Auf folgendem Bild seht ihr - nicht das bzw. den, den ihr sehen solltet:
Suchbild
Aber mit ein bisschen Phantasie und Wunschdenken könntet ihr jemanden entdecken, der ein Genießer ist und sich gut ernährt und ein Franzose ist...
Und, oh Wunder! - schon haben wir die - meines Erachtens nicht allzu plump geratene - Überleitung zum für mich wahren filmischen Highlight des Abends, in dem es auch um die richtige Ernährung bzw. die richtige Erziehung geht: "The Kids Are All Right" von Lisa Cholodenko.

Ein Hoch auf eine unkonventionelle Familie

Ihr neuer Film (schaut euch unbedingt auch einmal Laurel Canyon aus dem Jahre 2002 an) zeigt uns eine Patchwork-Familie der anderen Art: Vater, Mutter und zwei heranwachsende Kinder. So weit, so normal. Nur werden Vater- und Mutterrolle in diesem Fall von zwei Frauen erfüllt, und es lässt sich schwer ausmachen, wer welchen Part übernommen hat in der klassischen Konstellation einer Familie. Nic (Annette Bening) könnte dabei am ehesten den Vater mimen, ist sie doch Ärztin (Randnotiz: Sie ist Gynäkologin) und somit die Ernährerin der Familie. Jules (Julianne Moore) ist mit ihrer Hippie-esken Art der Gegenpart zur wohlorganisierten Nic. Beide kümmern sich fürsorglich um ihre Kinder, den 15-jährigen Laser und die gerade 18 Jahre alt gewordene Joni. Eigentlich fühlen sich alle unter diesen Umständen komplett und agieren alles andere als dysfunktional - im Gegensatz zur Familie von Lasers Kumpel Clay. Der Samenspender des Lebens, der biologische Vater bleibt in dieser Konstellation allerdings außen vor. Die Homosexuellen-Ehe - so scheint es - hat sich emanzipiert, sich aus den alten Zwängen der Gesellschaft gelöst, man bzw. frau ist akzeptiert, die Familie in Harmonie. Doch Handlung ist Konflikt und so bittet Laser seine volljährige Schwester bei der Klinik, in der die künstliche Befruchtung stattgefunden hat, anzurufen und Kontakt zum Spender-Vater herzustellen. Paul (Mark Ruffalo - gleich zweimal auf der Berlinale neben Shutter Island vertreten) staunt nicht schlecht, als ihn seine Tochter anruft, doch steht er dieser neuen Erfahrung offen gegenüber und sagt einem Treffen mit seinen "Kindern" zu.
Während diese sowie Jules schnell Gefallen finden an dem von sich selbst überzeugten Alternativkünstler (er betreibt eine Biofarm und ein dementsprechend biologisch orientiertes Restaurant), sieht Nic in ihm nichts anderes als einen Eindringling in ihr Familienleben (und outet sich spätestens an dieser Stelle als der pater familias).
Ja, Männer kommen in dieser Komödie des rechten Tons (damit meine ich die ernsten Zwischentöne an der richtigen Stelle) schlecht weg. Und als demanzipierter Mann wie ich lacht man auch gerne mit. Man wird Zeuge der Entmythologisierung des Mannes als Ernährer der Keimzelle der Gesellschaft - mit Bioprodukten und sagt: Brava!
Da der Film eher beschaulich in der Machart daherkommt (außer in den kurzen Skateboard-Szenen) kann man sich auf Figurenzeichnung und das Skript konzentrieren. Man sollte dabei auf die Haarspur achten. Witzig, dass auch Frauen (mit kurzen Haaren) sich über Haare im Siffon aufregen können. Aber kaum eine Story kann ohne Klischees auskommen. Wenn man also einen Film über die Umkehrung der Geschlechterrollenverteilung aufgrund anderer sexueller Präferenzen macht, muss dem Sohn aus einer Lesbenbeziehung von seinen Eltern auch unterstellt werden, er könne schwul werden. Ist das realiter auch so oder doch nur Hollywood-hypothetisch?

Letzte Fragen

Im Rahmen der Retrospektive auf der Berlinale wurde eine Auswahl von Filmen zusammengestellt, die zu gegebenen Zeiten für Aufsehen und Proteste gesorgt haben ("Ekel", "Im Reich der Sinne") oder in irgendeiner Form Gegenstand von kritischer Reflektion über den Status Quo einer Gesellschaft waren ("Die durch die Hölle gehen", "Stammheim").
Welchen Stellenwert dabei ein Film wie "The Kids Are all right" einnehmen wird, ob er gar die Frauenbewegung (noch) weiter vorantreibt, bleibt offen. Dass der Film allerdings sehr gut bei den Frauen ankommt, zeigt der Zuspruch, den er in Form von (Szenen-)Applaus erfahren hat. Ich als angehender Frauenversteher kann dem nur beipflichten.

Mittwoch, 17. Februar 2010

Die 60. Internationalen Filmfestspiele Berlin - und ich bin dabei (wenngleich nur am Rande)

Ja, da staunt ihr zurecht, liebe Leserinnen und Leser dieses einzigartigen Kinoblogs - haben wir den ollen Elmar doch noch nach Berlin geschickt, obwohl er es ja verpeilt hatte, sich eine vernünftige Akkreditierung geben zu lassen. Nun ist er zwar nur Zaungast, aber immerhin müssen wir keinerlei Spesen bezahlen (so war der Deal - wir kriegen Material für unsere Sendung und du - lieferst es. It's that simple.)

Tickets-gibts-hier
Und ist es nicht ein kleines Wunder und einen größeren Applaus wert, dass er - kaum ist die Berlinale fünf Tage alt - zum ersten Mal berichtet?
Nun, wir geben uns mit dem zufrieden, was wir kriegen können.
Also her mit den Impressionen:
Nachdem der Ticketverkauf mir via Internet zunächst abhold war, wurde ich am Ticketshop in den Potsdam-Arkaden wieder befriedet. Und das, obwohl ich noch gar nicht über den Status des Anstehens hinausgekommen war. Eine junge Asiatin benötigte ihr Ticket nicht und in kindlicher Aufgeregtheit war ich ein gieriger Abnehmer. Da machte es auch nichts, dass ich ihr nur 7 € anstatt der fälligen 9,50 € zahlen musste. Ich hatte mein erstes Ticket, die Berlinale war gerettet.
Weiteres Bonbon: Der Film stand auch auf meiner Wunschliste interessanter Optionen, und mit dem programmatischen Titel "Please give" wird mir gegeben, worum ich gebeten.
Eine kurze Review folgt weiter unten, der Vorhang des Vorführsaals im Friedrichspalast soll als Teaser genügen.
Im-Friedrichspalast
Ich bin mit meiner Ausbeute soweit mehr als zufrieden, ist doch mit "Father of Invention" mit Kevin Spacey ein Favourit auf der Haben-Seite.
Doch mein Hoch auf die Spontaneität zollte zeitlichen Tribut: Jetzt war es kurz nach 11 Uhr, 12 Uhr musste ich am Friedrichspalast sein, 14 Uhr folgte dann ein Panel unter dem reißerischen Titel: Fear Eats the Soul: The State of Film Criticism
Da ich kein Cliffdiver bin, spare ich mir den Cliffhanger, schwitzen musste ich indes dennoch, um zeitig von einem Ereignis zum nächsten zu eilen. Aber: Beide Termine waren von beeindruckender Tiefe.
Das Panel - in englischer Sprache - vereinte drei namhafte Filmkritiker, die mir dato kein Begriff waren und auch noch nicht wirklich sind. Aber das hole ich nach. Ihre Namen vorenthalte ich zur eigenen Recherche nicht: David Thomson, Stephanie Zacharek und Nick James (von rechts nach links im verwackelten beigefügten Foto)
contemporary-filmcritics

Wesentlicher Kritikpunkt im Panel war die gängige Praxis, dass mehr und mehr sogenannte Filmkritiker gemeinsame Sache mit der Filmindustrie machen und sich fürs Vermarkten der Filme einspannen lassen. Eine kritische Analyse des Films ist so nicht länger gewährleistet (wenn alle Filme einfach nur noch angepriesen werden).
Ein Vorwurf, den ich gerne teile, wenngleich ich gerne Fan wäre (und somit undistanziert zum Werk stehe), wie auch ein ernstzunehmender Filmrezensent. Wie hält man es nun mit folgenden Ausspruch (frei nach Hanns Joachim Friedrichs): »Einen guten (Film-)Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.« Nun, diesem Ansatz werde ich weiter nachsinnen.
Weitere Statements werde ich versuchen für den kommenden Filmabriss am 24.02.2010 aufzubereiten.

Kommen wir nun noch kurz zum Film "Please give", ein Film von Nicole Holofcener, von der ich bisher noch keinen weiteren Film bewusst oder unbewusst kannte. Via IMDB-Recherche weiß ich nun immerhin, dass man sie guten Gewissens als Autorenfilmerin bezeichnen kann (sie schreibt also auch ihre Filme), bisher in ihren Spielfilmen immer mit Catherine Keener zusammengearbeitet hat (so auch hier) und 1982 in einem Film namens Rollercoaster to Hell mitspielte.
In der Eingangssequenz kann man sagen, der Film spricht einen visuell an oder stößt ab. Zu sehen bekommt man nämlich haufenweise Brüste, die von Rebecca (Rebecca Hall) als "tubes of potential danger" angesehen wird. Rebeccas tägliche Arbeit besteht darin, Mammografien von Patientinnen zu machen. In ihrer Freizeit versucht sie sich - ganz New Yorkerin - an Internet-Dates und besucht fast täglich ihre bald 91-jährige Großmutter, die Tür an Tür mit Kate und Alex wohnt. Wobei wohnen wäre schon fast zuviel gesagt: Sie wird geduldet. Nachdem das Ehepaar auch ihr Appartement erworben hat, warten sie nur darauf, dass Großmutter das Zeitliche segnet. Doch sagt das natürlich keiner offen - außer vielleicht die andere Enkelin, Mary. Sie ist fünf Jahre älter als Rebecca und wenig sensibel (so macht es lange Zeit den Anschein). Wenig Sensibilität wird auch Kate und Alex nachgesagt, die ihr Geld damit verdienen, alte Möbel von Verstorbenen aufzukaufen, um sie dann teuer wieder zu verkaufen. Doch Kate kommen mehr und mehr Zweifel, sie möchte nicht als Aasgeier verschrien werden, der sich an den Nachlässen anderer gütlich tut. Also kompensiert sie ihr schlechtes Gewissen mit Wohltätigkeit auf der Straße und übertreibt es damit zuweilen - sehr zum Verdruss ihrer teenagernden Tochter.
Der Film handelt von alten Möbeln und alten Menschen, die darin ihr Leben ausgehaucht haben, wie der Film generell das Älterwerden reflektiert. Dies geschieht anhand vierer Generationen: Der 15-jährigen Tochter und ihrer Eltern sowie den Enkelinnen und ihrer Großmutter. Die Inszenierung kommt unaufgeregt daher, stehen im Mittelpunkt ja auch die Charaktere, die mitunter ziemlich schrullig gezeichnet sind (so ist die Großmutter auch für die meisten Lacher gut), aber immer authentisch bleiben.
Kommen wir abschließend noch einmal auf die Filmkritiker des Panels zu sprechen: Keiner der drei sprach sich für ein Bewertungssystem a la Roger Ebert oder via Sterne aus. Für die schnelle Einordnung finde ich hingegen solch ein System recht sinnvoll (konkretisieren kann man ja immer noch). Von daher teile ich die momentane Einschätzung von 6,4 bei IMDB nicht, sähe den Film im Siebener-Bereich. Aber bei 29 Votern ist das Ergebnis auch nicht wirklich repräsentativ.
Mehr Präsenz von mir die Tage...

Dienstag, 9. Februar 2010

Vorschau auf den kommenden Filmabriss am 10.02.2010 - noch nicht ganz im Zeichen der Berlinale

Übermorgen starten die 60. Internationalen Filmfestspiele Berlin oder auch kurz die Berlinale. Morgen schon werden wir einen ersten Blick auf das werfen, was uns dann innerhalb der nächsten 10 Tage erwartet. Außerdem schicken wir einen von uns, Elmar, nach Berlin. Nachdem er allerdings versäumt hat sich fristgerecht zu akkreditieren, dürfen wir durchaus gespannt sein, was er uns mitbringen wird.

Und jetze?
Noch sind wir aber nicht so weit, deswegen schauen wir, was momentan in den Kinos läuft. Unter anderem sind dabei: Ein Film, der zwar in den USA spielt, aber aus Deutschland stammt. Ein Film, der sich in hohen amerikanischen Lüften abspielt, aber alles andere als heiße Luft ist (die oben ohnehin alles andere als wohltemperiert ist. Mehr dazu in der unten am Boden dieses Eintrags sich befindlichen kleinen Rezenzion.

Und früher?
Früher war alles blöder. Didi blödelte als Doppelgänger oder versuchte sich an einer blödelnden Neuinterpretation von "Kind Hearts and Coronets", den Lili immer noch in ihrem Besitz hält.
Dass man aber auch blödeln und rocken kann, zeigt unser Film des Abends, den Richard vorstellen möchte: Party on! mit den Worten Waynes zu sprechen.
Der Soundtrack des Abends kommt nicht von diesem Film, den wir schenken euch gerne mehr: Einen musikalischen Einblick in die Familie der "Royal Tenenbaums".

Jetzt aber steigen wir

Up in the Air (2009)

Regie: Jason Reitman
Drehbuch: Jason Reitman, Sheldon Turner – nach einem Roman von Walter Kirn
Up-in-the-Air
Cast: George Clooney – Ryan Bingham
Vera Farmiga – Alex Goran
Anna Kendrick – Natalie Keener
Jason Bateman – Craig Gregory
u. a. J. K. Simmons, Danny McBride, Zack Galifianakis

Story: Die Welt ist im Wandel – und die Bewegungsrichtung eindeutig abwärts. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise ist Globalisierung schon lange keine positive Zukunftsvignette mehr: Mehr und mehr Unternehmen, kleine wie große, müssen Stellen abbauen um der allgemeinen Rezession Tribut zu zollen oder gehen unter. Die Wirtschaft bietet keine Chancen mehr. Dass dies nur eine Sache der Perspektive ist, beweisen Menschen wie Ryan Bingham (George Clooney). Er arbeitet in einem florierenden Geschäft – die Krise ist sein täglich Brot. Ryan Bingham arbeitet nämlich in einem Unternehmen, das als Dienstleister für andere Unternehmen fungiert, die Stellen abbauen, sprich Leute feuern müssen, sich selber aber nicht trauen, diese Kunde zu verbreiten. Wobei der Begriff „feuern“ auch nicht im Portfolio von Ryan Bingham, geschweige dem seines Arbeitgebers in Person von Craig Gregory (Jason Bateman – ein alter Bekannter aus „Juno“, dem Drehbuch-Oscar-Gewinner von 2007).
Vielmehr verkaufen Leute wie Ryan Bingham die schlechte Nachricht als Chance für einen Neustart. Und Bingham ist nicht nur ein alter Hund in diesem gewissenlosen Business, er ist auch einer der Besten. Seinem Job geschuldet ist auch der Umstand, dass er einen Großteil seines Lebens (322 von 365 Tagen pro Jahr) irgendwo zwischen Hotels, Flughäfen und in der Luft verbringt, von einem Kündigungsverkaufsgespräch zum nächsten pendelnd. Und er liebt sein Leben in der Einsamkeit mit dem einen großen Ziel, die Vielfliegergrenze von 10 Millionen Flugmeilen zu knacken, was vor ihm nur sechs anderen Menschen gelungen ist, also weniger Leuten als Menschen auf dem Mond spazierten, was er voller Stolz einer jungen Kollegin verkündet.
Eben diese junge Kollegin namens Natalie Keener (Anna Kendrick – sie könnte die jüngere Schwester von Tom Cruise sein, was durchweg positiv gemeint ist!) stellt sich diesem Traum in den Weg, wenngleich auch nicht willentlich. Die Flugtickets, die Spesen, der Arbeitsaufwand – alles Unsummen verschlingende Faktoren. Auch wenn man am Elend der Anderen gutes Geld verdient, man möchte doch wirtschaftlich arbeiten. Also sollen zukünftig die Chancenofferierungsgespräche via Internetkamera-Verbindung geführt werden. Die aus Sicht der Karrieristin lästigen Flüge wären somit überflüssig und somit auch die Meilen-fressenden Flüge.
Ehe es aber zum Einsatz des neuen Systems kommt, erwirkt Bingham bei seinem Chef, dass Natalie Keener zuerst bei ihm lernen soll, wie diese schwierigen Gespräche im analogen Leben funktionieren, also nimmt er sie mit auf seine Reisen. Auf einer dieser Reisen lernt er Alex Goran (Vera Farmiga) kennen, eine seelenverwandte Vielfliegerin, wenn auch nur auf dem Inlandsflugsektor. Bei ihren kurzen gemeinsamen Zeitfenstertreffen kommen sie sich allmählich näher. Näher als es Ryan, der immer aus leichtem Gepäck lebte (und auf dieser Philosophie basierend Ego-Coachings abhält), es sich eigentlich zugestehen will.
Jeder in dieser Geschichte erhält seine Lektion in Sachen Liebe und Beziehung zu seinen Mitmenschen: Sei es Ryan, der doch nicht der einsame Wolf ist, für den er sich immer gehalten hat; sei es Natalie, die ihren persönlichen Traum vom kleinen Glück hatte und in schicksalhafter Ironie von ihrem Freund per SMS abserviert wird; seien es all die vielen Menschen, die ihren Job verlieren, die ihrer Existenzgrundlage entzogen werden, nachdem sie Jahr um Jahr, Jahrzehnte gar sich eingebracht haben für ihr Unternehmen und nun behandelt wie Arbeitsvieh zur Schlachtbank geführt werden. Am Ende geht es um das Leben miteinander und nicht aneinander vorbei.
Ryan lernt seine schmerzhafte Lektion, und das gibt Hoffnung.

Jason Reitman, Jahrgang 1977, hat noch nicht so viele Filme auf seinem Kerbholz. Aber die Filme, die er gemacht hat, haben enormen Eindruck hinterlassen. Sei es, wenn er sich der Tabak-Lobby in seinem satirischen „Thank you for smoking“ (2005) annimmt, oder im sensiblen Porträt „Juno“ (2007) die Innenwelt einer 16-jährigen Schwangeren ausleuchtet. Sein Zugang ist der des Humors. Ein Vorbild mag er in der eigenen Familie haben, im Vater Ivan Reitman, der seine eigene Filmgeschichte mit Klassikern wie „Meatballs“ oder „Ghostbusters“ geschrieben hat.
Humor ist für Jason Reitman nicht bloß Mittel zum Zweck. Mittels Humor wird auch das Schwierige ertragbar. In „Up in the Air“ ist ihm dies einmal mehr gelungen, was auch die Nominierungen für die kommende Oscar-Verleihung bezeugen. Letzterer Hinweis soll allerdings nicht alleiniger Ansporn sein, sich den Film vorab anzuschauen. Überzeugende Darsteller in einem überzeugend inszenierten Film nach inspirierendem Skript – was will der Kinogänger mehr?!
Den Film gibt es im Cineplex zu sehen. Wer der deutschen Sprache hingegen nicht so mächtig ist oder grundsätzlich das Original der synchronisierten Fassung vorzieht, dem sei das Apollo ans Gehör gelegt.

Sonntag, 31. Januar 2010

Der Film des Abends - Crash (2004) von Paul Haggis

Und hier eine reduzierte Form der Ensemble-Interaktionen:Personale-und-dramatische-Konstellationen-

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Wow, krass, Wahnsinn! So many choices! Was war alles...
Elman Smithee - 21. Aug, 12:16
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Was, was, was faselt er da bloß? Wo sind die Bilder,...
Elman Smithee - 18. Mai, 21:04
Na, wer linst denn da...
Nein, wir werden noch nicht exklusiv von der "Echte-Kerle-Preview"...
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Zum Ausfall der Sendung...
Oh Graus, oh Pein, was kann es Schlimmeres geben? So...
Elman Smithee - 21. Apr, 18:57
Wider dem Konkurrenzdruck...
Der FC Bayern ist keine Hochburg von Cineasten Ansonsten...
Elman Smithee - 21. Apr, 05:56

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